Das Wichtigste zusammengefasst
- Wenn es im Zusammenhang mit Fahrzeugen einen Verdacht auf Betrug gibt – sei es bei der Kfz-Versicherung oder beim Kauf eines Gebrauchtwagens – werden häufig Kfz-Gutachter:innen zu Rate gezogen.
- Um Betrug aufzudecken, nutzen die Fachleute eine Reihe spannender Hilfsmittel und clevere Strategien. Dazu gehört zum Beispiel die Messung der Lackschichtdicke eines Autos, die Analyse von Fransen am Gurt oder ein Blick auf die Pedale.
- So ist die Arbeit von Kfz-Sachverständigen manchmal echte Detektivarbeit. Zwar werden Betrüger:innen mit der Zeit immer besser – die Tools und Strategien der Gutachter:innen aber auch!
Ein selbstverschuldeter Lackschaden am Auto ist schnell passiert und dann ist es besonders ärgerlich, wenn du nur eine Teilkaskoversicherung für dein Fahrzeug hast. Denn dann musst du den selbstverursachten Schaden aus eigener Tasche begleichen. Das wäre das rechtlich korrekte Vorgehen. Aber es gibt immer wieder Menschen, die sich teils abenteuerliche Geschichten einfallen lassen, um sich solche Schäden doch noch von der Versicherung zahlen zu lassen.
Da erfindet ein Pkw-Besitzer zum Beispiel gemeinsam mit seinem Freund einen Unfall: Der Freund sei mit seinem Fahrrad in das Auto gefahren und habe so den Lackschaden verursacht. Und Schwupps begleicht die Versicherung des Freundes den Schaden. Was viele nicht wissen: Dabei handelt es sich nicht mehr um ein Kavaliersdelikt, sondern um eine Straftat. Und die kommt ganz schön häufig vor: So hat eine Studie des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft ergeben, dass mittlerweile 10 % der Deutschen entweder selbst bereits einmal Versicherungsbetrug begangen haben – oder von einem solchen Betrug wissen.
Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Detektive im Namen der Wahrheit: Kfz-Sachverständige
Doch wie können solche Betrugsfälle eigentlich aufgedeckt werden? Hier kommen Kfz-Sachverständige ins Spiel! Sie haben jahrelange Erfahrung darin, Fahrzeuge zu begutachten und dabei die kleinsten Auffälligkeiten zu bemerken - so decken sie auch immer wieder Betrugsfälle auf. Inzwischen haben Kfz-Gutachter:innen eine Reihe technischer Hilfsmittel und interessanter Strategien entwickelt, um Betrug aufzuklären. Die sechs Spannendsten stellen wir euch in diesem Artikel vor!
1. Die Ermittlung der Lackschichtdicke, um Vorschäden zu erkennen
Wenn du ein Auto auf dem Gebrauchtwagenmarkt kaufen möchtest, solltest du aufpassen: Schließlich gibt es neben vielen seriösen Autohändlern auch findige Verkäufer:innen, die zum Beispiel versuchen, Vorschäden zu vertuschen. Das heißt konkret: Ein in der Vergangenheit entstandener Schaden wird beim Verkauf nicht erwähnt, obwohl er den Wert des Fahrzeugs deutlich mindert. Sogar für Fachleute ist er meist nicht auf den ersten Blick zu erkennen, wenn er sorgsam repariert und nachlackiert wurde. Der Nachteil: Wenn Stellen eines Pkws nach einem Schaden überlackiert wurden, beginnt der Wagen dort schneller zu rosten.
Um Vorschäden zu erkennen, die nachlackiert wurden, nutzen Kfz-Gutachter:innen die sogenannte Lackschichtdickenmessung. Ein kompliziertes Wort mit einer einfachen Erklärung: Bei der Lackschichtdickenmessung wird das gesamte Auto mit einem Messgerät an mehreren Punkten daraufhin geprüft, welches Material sich unter dem Lack befindet und wie es sich mit der Lackdicke verhält. Wird an einer oder mehreren Stellen eine erhöhte Lackschichtdicke erkannt, so handelt es sich um eine zweite, nachträglich aufgetragene Lackschicht. Übrigens: Auf diese Weise können auch Spachtelarbeiten entdeckt werden, die ebenfalls auf einen Vorschaden hindeuten.
Du vermutest einen verdeckten Vorschaden?
Die Messung der Lackschichtdicke können unsere Kfz-Sachverständigen schnell und kostengünstig vornehmen. Jetzt Postleitzahl eingeben und anrufen!
Ob es einen Anlass für eine Lackschichtdickenmessung gibt, erkennen KFZ-Gutachter:innen übrigens meist schon auf den ersten Blick. Denn Farbtonunterschiede fallen dem geschulten Auge auf! Um Abweichungen in den Farbtönen noch besser zu erkennen, vergleichen Kfz-Gutachter:innen diese bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen. In Innenräumen wird dafür häufig eine Tageslichtlampe hinzugezogen.
Häufig weicht der Farbton der Karosserie leicht vom Farbton der Anbauteile aus Kunststoff ab – wie zum Beispiel der Stoßfängerverkleidung. Da denken Leute dann oft, dass es einen Unfallschaden gab. Dabei werden Kunststoffteile meist bereits von Zulieferern lackiert und nicht wie die Karosserie im Werk. So kommt es bereits ab Werk zu den feinen Unterschieden, gerade bei hellen Farbtönen.
2. Der Blick auf die Abstände zwischen Karosserieteilen
Eine weitere Möglichkeit, um Vorschäden bei einem Fahrzeug zu erkennen, ist die sogenannte Spaltmessung. Dabei prüfen Kfz-Gutachter:innen, ob der Spalt zwischen einzelnen Karosserieteilen – zum Beispiel zwischen der Unterkante der geschlossenen Kofferraumklappe und der Stoßstange – parallel ist und überall den gleichen Abstand vorweist. Das hat folgenden Hintergrund: War ein Auto in der Vergangenheit in einen Unfall verwickelt, so ist es sehr wahrscheinlich, dass sich einzelne Teil der Karosserie dabei verzogen haben und der Spalt nun nicht mehr symmetrisch ist.
3. Die Prüfung des Fertigungsdatums verdächtiger Fahrzeugteile
Einen Hinweis darauf, dass es bei einem Fahrzeug bereits einen Vorschaden gab, liefern außerdem nachträglich eingesetzte Fahrzeugteile. Steht zum Beispiel der Verdacht im Raum, dass ein vorhergehender Auffahrunfall vertuscht werden soll, macht es Sinn, die Stoßstangen genauer zu betrachten.
Denn jedes Bauteil hat ein individuelles Fertigungsdatum. Ist ein Bauteil nun auf einen Zeitpunkt datiert, der nach der Erstzulassung des Autos liegt, so wissen Kfz-Gutachter:innen: Hier ist etwas faul, denn das Fahrzeugteil wurde nachträglich eingebaut. Allerdings lässt sich das Fertigungsdatum vieler Fahrzeugteile im montierten Zustand nicht erkennen, so dass diese erst ausgebaut werden müssen.
4. Die Analyse der Fransen am Gurt oder des Zustands der Pedale, um Tachomanipulationen zu beweisen
Ein anderer Punkt, bei dem besondere Vorsicht gilt, ist der Tacho. Denn anders als seriöse Händler versuchen windige Verkäufer:innen auf dem Gebrauchtwagenmarkt häufig, hier zu schummeln. Die Logik dahinter ist einfach: Je weniger gefahrene Kilometer dort angezeigt werden, desto höher lässt sich der Verkaufspreis eines Gebrauchtwagens festlegen. Heute geht man davon aus, dass an jedem dritten Gebrauchtwagen der Tacho manipuliert wurde. Doch wie erkennst du als Laie einen Tacho, der manuell verändert wurde? Die Antwort: Gar nicht. Die Lösung: unsere KFZ-Sachverständigen.
Die Kfz-Gutachter:innen von AUTORITY wissen, worauf sie achten müssen, um überhaupt erst Zweifel am Tachostand anzumelden. Sie erkennen an den Fransen der Gurte oder dem Zustand der Pedale, ob der angezeigte Tachostand plausibel ist. Aber auch ein Blick auf spezielle Bereiche des Autos wie die Lamellen des Klimakondensators oder die Traggelenke geben den Profis Hinweise auf Manipulationen. Mit speziellen Tools kann dann der korrekte Kilometerstand ausgelesen werden – aber nicht nur aus dem Armaturendisplay! Der korrekte Kilometerstand ist auch im Fahrzeugschlüssel oder dem Steuergerät für ABS abgespeichert und kann dort von den Profis gefunden werden.
5. Die Nachstellung eines Unfalls, um den Hergang zu klären – analog und digital
Was viele nicht wissen: Unfälle werden heute häufig manipuliert. Dazu gehört zum einen der Unfall mit Unbeteiligten: Stelle dir vor, du fährst im Stadtverkehr und plötzlich bremst das voranfahrende Fahrzeug abrupt ab. Es kommt zu einem Auffahrunfall, an dem du vermeintlich die Schuld trägst. Was du nicht wusstest: Es gibt Kriminelle, die darauf spezialisiert sind, Unfälle zu provozieren, um dann Versicherungssummen für entstandene Schäden am Auto wie auch für vermeintliche körperliche Verletzungen einzustreichen. Dabei werden außerdem häufig Schäden aus der Vergangenheit als aktuell entstandene Schäden deklariert. Aber nicht nur Unbeteiligte können in ein Unfallgeschehen mit hineingezogen werden. Es gibt auch Fälle von Bekannten, die sich für einen Unfall verabreden.
Mein Credo: Niemals am Unfallort ein Schuldeingeständnis abgeben. Klar, man kann sagen: „Ich bin dem oder der anderen hinten draufgefahren“. Aber niemals: „Ich bin Schuld.“ Wer weiß, was hinter der Sache steckt. Meine Kinder sagen immer, ich sei zu misstrauisch... Aber das ist ja auch kein Wunder, bei den vielen Betrugsfällen, die ich schon gesehen habe!
Für viele KFZ-Sachverständige reicht ein Blick um zu wissen, was passiert ist
Was beide Fälle eint: Hier braucht es häufig Kfz-Gutachter:innen, um den Betrug aufzudecken. Gibt es also Anlass zum Zweifel, nehmen die Sachverständigen die Unfallfahrzeuge erst einmal in Augenschein und prüfen den Schaden. Häufig ist hier schon auf den ersten Blick ersichtlich, dass die angegebenen Schäden nicht mit dem Unfallhergang übereinstimmen können. Zum Beispiel, wenn der Schaden an der Karosserie des einen Fahrzeugs auf einer Höhe von 30 cm liegt, bei dem anderen Fahrzeug aber auf einer Höhe von 40 cm. Hier scheint ein Unfall erfunden worden zu sein, schließlich müssten die Fahrzeuge bei einem Unfall ja auf der gleichen Höhe zusammengestoßen sein. Außerdem können Kfz-Sachverständige zum Beispiel erkennen, ob ein Schaden wirklich entstanden ist, während ein Auto in Bewegung war. Oder ob der Schaden entstanden ist, als das Fahrzeug geparkt war.
Auch ein Vor-Ort-Termin kann Kfz-Sachverständigen dabei helfen, zu prüfen, ob der Unfallhergang plausibel ist. So kann man bei einem solchen Termin zum Beispiel die Sichtverhältnisse der Fahrer überprüfen: Gibt es vor Ort Laternen, die beim Unfall für eine gute Sicht gesorgt haben? Oder konnten sich die Unfallfahrer wirklich nicht sehen, so wie angegeben? Unfallhergänge können außerdem digital mit einer speziellen Software nachgestellt werden und so auf Plausibilität geprüft werden. Dabei kann zum Beispiel untersucht werden, ob die entstandenen Schäden zur angegebenen Fahrzeuggeschwindigkeit passen.
Sollte nach Begutachtung und digitaler Nachstellung immer noch keine Klarheit herrschen, so kommt es zu einer Nachstellung vor Ort durch die Beteiligten. Hier verraten sich Betrüger:innen häufig durch Widersprüche in ihrem Verhalten oder ihren Aussagen. Gleichzeitig bieten Nachstellungen aber auch die Möglichkeit, komplexe Unfallhergänge offenzulegen und falsche Verdächtigungen aus dem Weg zu räumen.
6. Die Analyse von Materialproben – zum Beispiel im Labor
Ein Verfahren, das mehr an die Fernsehserie CSI erinnert als an die Arbeit von Kfz-Sachverständigen, ist die Analyse von Materialproben. Hierzu werden an den beschädigten Stellen Materialproben mithilfe einer klebenden Folie entnommen und von Gutachter:innen analysiert. Der Grund: Nach jedem Zusammenstoß mit einem Gegenstand oder einem anderen Kfz sind Oberflächenpartikel nachweisbar, die zeigen, wie der Schaden entstanden ist. Das kann Lack, aber auch Holz, Stein oder ein anderes Material sein. So können unsere Autodetektive zum Beispiel anhand von Materialproben prüfen, ob es sich tatsächlich um einen Wildunfall handelt – oder ob hier menschliches Haar platziert wurde, um einen Wildunfall vorzutäuschen.
Handelt es sich um einen besonders komplexen Sachverhalt, greifen die Gutachter:innen auch auf die Hilfe Dritter zurück. So besteht die Möglichkeit, Materialproben an unabhängige Prüfanstalten zu senden, um diese dort zum Beispiel mithilfe einer Spektralanalyse untersuchen zu lassen.
Es werden nicht 100% der Betrugsfälle aufgelöst, denn häufig kann man als Kfz-Sachverständiger nur Indizien aufzeigen. Bei einem Gerichtsverfahren müssen dann die Richter entscheiden.
Du siehst: Die Arbeit von KFZ-Sachverständigen ist manchmal echte Detektivarbeit. Zwar werden Betrüger:innen mit der Zeit immer besser – die Tools und Strategien der Kfz-Gutachter:innen aber auch!