Michael, du führst ein eigenes Sachverständigen-Unternehmen, die IfKS Group. Auf eurer Homepage steht, dass ihr – neben vielen anderen Leistungen –Plausibilitätsprüfungen von Werkstattrechnungen durchführt. Was sind das für Situationen, in denen Kund:innen zu euch kommen und euch bitten, ihre Werkstattrechnung zu prüfen?
Der häufigste Fall ist der, dass eine Position auf der Rechnung steht, die der Kunde nicht nachvollziehen kann. Warum wurde dieses Teil ausgetauscht? War das wirklich notwendig? Das ist für Laien oft nur schwer nachzuvollziehen. Es gibt aber auch gravierendere Fälle, zum Beispiel, wenn das Auto mit einem Fehler aus der Werkstatt kommt und diese die Verantwortung von sich weist.
Kannst du ein Beispiel nennen?
Eine Bekannte hatte mal so einen Fall. Sie hatte ihren Gebrauchtwagen bei einem Händler mit angeschlossener Werkstatt gekauft. Während der Gewährleistungszeit kam ein Problem mit dem Getriebe auf, aber die Werkstatt sagte: Sorry, das ist kein Gewährleistungsfall, das musst du selbst zahlen. Die Aussage kam meiner Bekannten seltsam vor, deshalb hat sie bei uns um Rat gefragt. Wir haben uns den Fall genau angeschaut. Am Ende stellte sich heraus, dass sie nicht nur im Recht war, sondern dass der Getriebefehler sogar seitens des Herstellers bekannt war. Der Händler bzw. die Werkstatt hätte das Auto in diesem Zustand gar nicht auf die Straße lassen dürfen! Das war absolut fahrlässig.
Wie könnt ihr als Sachverständige in solchen Situationen helfen? Wie geht ihr vor?
Im ersten Schritt prüfen wir die Sachlage. Dazu schauen wir uns die vorliegenden Dokumente – z.B. Auftrag, Rechnung – an und lassen uns erklären, was genau passiert ist. Was wurde besprochen? Welche Reparatur wurde beauftragt? Passt das Vorgehen der Werkstatt zur Problembeschreibung? Wenn wir dann zu dem Schluss kommen, dass ein Fehler der Werkstatt vorliegt, gibt es drei Eskalationsstufen. Als erstes schauen wir, ob der Kunde oder die Kundin das Problem allein lösen kann. Wir empfehlen dann, einfach noch mal zur Werkstatt zu gehen und zu sagen: Ich habe das prüfen lassen, das ist so nicht in Ordnung. Wenn das nicht ausreicht, können wir als Sachverständigenbüro eine technische Stellungnahme verfassen, damit die Werkstatt sieht, dass Profis im Spiel sind. Meistens wird spätestens in diesem Moment eingelenkt.
Und wenn nicht?
Wenn das nicht hilft, besprechen wir mit der betroffenen Person, welche nächsten Schritte möglich sind. Da können wir dann oft nur noch empfehlen, einen Anwalt oder eine Anwältin hinzuzuziehen.
Wenn du so erzählst, bekommt man den Eindruck, dass man Werkstätten und Autohäusern grundsätzlich nicht über den Weg trauen sollte.
Das würde ich so nicht sagen. Die Fälle, in denen man absichtlich übers Ohr gehauen wird, sind eher selten. Trotzdem rate ich dazu, Werkstattrechnungen immer genau zu prüfen. Viele Fehler passieren auch einfach aus Versehen. Bei umfangreichen Reparaturen kommt es zum Beispiel vor, dass eine Position doppelt auf der Rechnung landet. Das ist dann keine böse Absicht und kann schnell korrigiert werden. Für solche Fehler in der Hektik des Alltags habe ich absolutes Verständnis.